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Die Familie von Hugo u. Klara (geb. Schloss) GRÜNBAUM

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Hugo Grünbaum lebte ungefähr 70 Jahre lang —1871/2 bis 1942 —in Themar. Seine Familie, von Noah Grünbaum, war eine der bedeutendsten Familien für die jüdische Gemeinde in Themar seit ihrer Gründung Anfang der 1860 Jahre und bis zu ihrer Auflösung im September 1942.

Hugo wurde in Walldorf/Werra im Jahr 1868 geboren, der Sohn von Noah und Minna (geb. Friedmann) Grünbaum. Er zog mit seinen Eltern zu Themar irgendwann vor 1872, da seine Schwester Minna in Themar im Jahr 1872 geboren wurde. Als sein Vater wieder heiratet, kriegte Hugo einen Stiefbruder, Karl, geboren Jahrgang 1876.

Zuerst lebte Hugo mit seinen Eltern und Geschwistern in der Hintertorstraße 170 wo Noah gründete einen Kurzwarenladen. Später verlegte Noah sein Geschäft, und Familie, näher an den Bahnhof – in der Bahnhofstraße 150.

Im 1897 heiratete Hugo Klara Schloss aus Schwanfeld; sie war eine von elf Kindern von Heinrich (Hohna) u. Ida (geb. Schmalbach) Schloss of Schwanfeld. Im jüdischen Matrikel Themar steht folgendes:

“Hugo Grünbaum Kaufmann Sohn des Kaufmann Noa Grünbaum u dessen verstorbene Ehefrau Minna geb Friedmann, 29 Jahre alt, und Klara geb Schloß Tochter des Kaufmann Heinrich Schloß u. dessen Ehefrau Ida geb Schmalbach zu Schwanfeld 24 Jahre alt.”

Sie lebten in der Bernhardtstrasse wo zwei Kinder geboren wurden; die erste im Jahr 1901 wurde totgeboren, die zweite, Mira, wurde am 17. Mär 1903 geboren.

Im Januar 1901 starb sein Vater Noah. Was genau mit dem Warenhaus N.H. Grünbaum Anfang des 20. Jahrhunderts passiert ist, muss noch geklärt werden. Im Normalfall hätte der älteste Sohn, in dem Fall Hugo, das Familiengeschäft erben müssen. Doch im Oktober 1901 registrierte Hugo Grünbaum ein Schnittwarengeschäft unter eigenem Namen. Stiefbruder Karl, der zu dem Zeitpunkt 29 Jahre alt gewesen war, und seine Frau Hulda führten gemeinsam den N.H. Grünbaum Laden weiter.

Zeitung für Themar, Stadtarchiv Themar
Bahnhofstrasse 143 Themar. Foto: S. Meen, 2014

Im Jahr 1905, als Hugos Cousine, Bertha (geb. Grünbaum) und ihr Ehemann, Jacoby Seckel, von Themar wegzogen, übernahm Hugo den Grünbaum & Seckel Laden. Am 1. Mai 1905 kündigte Hugo die “Geschäfts-Verlegung und -Eröffnung” des Ladens unter seinem Namen und den Umzug vom Marktplatz in die Bahnhofstraße 143; fast direkt gegenüber dem Warenhaus N.H Grünbaum.

Im Jahr 1912 verkaufte Karl Grünbaum sein Geschäft an Markus Rosenberg und zog ein Jahr später mit seiner Frau Hulda nach Erfurt. Damit war im Jahr 1914 nur eine Familie Grünbaum in Themar – Hugo und Klara Grünbaum mit ihren zwei Töchtern, Mira, Jahrgang 1903, und Else, Jahrgang 1905.

Wie die meisten deutschen Juden, kämpften die Brüder Grünbaum beide im Ersten Weltkrieg für das deutsche Vaterland. Vom Karl Grünbaum wissen wir, dass er im Jahr 1916 als Soldat eingezogen wurde. Als Hugo und Klara die Geburt ihres Sohnes Hans am 12. Februar 1916 bekannt gaben, wählten sie für die Anzeige sehr patriotische Worte.sowie der Sohn Hans, geboren im Jahr 1916

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Als die Nationalsozialisten im Januar 1933 die Macht übernahmen, reagierte Hugo und Klara Grünbaum wie die meisten deutsch-jüdischen Familien. Sie kümmerten sich zunächst um die Sicherheit ihrer Kinder und dann um ihre eigene Sicherheit. „Sicherheit“ bedeutete zu dem Zeitpunkt Deutschland zu verlassen und entweder in ein anderes Land in Europa zu fliehen, oder am besten, Europa ganz zu verlassen. Zwei Kinder von Hugo und Klara Grünbaum waren unter den ersten Juden, die Deutschland verlassen hatten. Hans Grünbaum, geboren im Jahr 1916, ging im Jahr 1934 nach Haifa, Palästina. Am 24 Juli 1939 wurde er Bürger von Palästina.

Dr. Fritz Schorcht, Bürgermeister, Themar and der Polizeiverwaltung Themar, den 12. Dezember 1938. Quelle: Stadtarchiv Themar

Mira Grünbaum verließ Deutschland im Jahr 1936. Sie hat Arno Sommer (aus der Familie Gassenheimer in der Nachbarstadt Hildburghausen) geheiratet und bis 1936 in Hannover, wo ein Sohn geboren wurde, gewohnt. Mira, Arno, und Siegfried—und Schwiegermutter Hedwig Sommer, geb. Gassenheimer—ging nach Italien.

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In Themar im Jahr 1936 wohnten Hugo und Klara, und Tochter Else mit ihrem Ehemann Arthur Neuhaus. Arthur Neuhaus, geboren in Werl am 17 August 1901, hatte Else im September 1935 geheiratet und nach Themar gezogen und im Geschäft seines Schwiegervaters „Hugo Grünbaum“ arbeitete. Am 1. April 1937 wurde ein Kind, Ingeborg, von Else und Arthur Neuhaus geboren.

Im November 1938 gab es noch 21 jüdische Männer in Themar. In der Nacht vom 9.-10. November wurden achtzehn (18) von ihnen verhaftet und nach Buchenwald verschleppt. Ernst Gassenheimer (geb.1870) lag im Krankenhaus, Adalbert Stern (geb. 1917) konnte sich verbergen, aber wo Arthur Neuhaus war, wissen wir noch  nicht.

Ab 1939 wurde das Leben für die Familien Grünbaum u. Neuhaus in Themar immer schwieriger. Am 20. März 1939 mussten die Grünbaums das Haus in der Bahnhofstrasse verlassen; Clara Müller schrieb ihren Sohn Willi in Palästina: “Die Synagoge hier soll verkauft werden u. der [Hugo] Grünbaum will oben hineinziehen weil er aus seinem Haus herausmuss.” Else, Arthur und Inge Neuhaus zogen zum Haus in der S. A. Strasse (heute Leninstr.) 20. Am 17 September 1939 musste Arthur Neuhaus zu Neuendorf ziehen wo er als Zwangsarbeit mit Julius Rosenberg, Adold Kahn, und Louis Sander.

Ab 5. März 1940, schrieb Clara Müller an Willi Müller in Palästina, ,,arbeiten Herbert, [Arthur] Neuhaus, [Louis] Sander und Julius Rosenberg am Straßenbau bei Siegritz [5 km südostlich von Themar], nachdem sie sich wochenlang um Arbeit bemüht hatten. Am 1. Tag gab es natürlich Schwielen a. d. Händen, aber Herbert kommt gut mit u. es gefällt ihm dabei.” In einem Brief an Meinhold Müller in Schweden am 10 Juni 1940 schrieb Clara wieder etwas über die Grünbaums: “Maxens [Max Müller I, geb. 1873] bearbeiten mit Rosenbergs den halben Synagogengarten (die andere Hälfte hat Grünbaum u. Neuhaus). Da trifft sich täglich die halbe Kille, es sitzt sich da schön im Garten, wir gehen auch manchmal hin.” Im Jahr 1941 wurde Arthur Neuhaus zum Zwangsarbeit in der Erfurter Holzbearbeitungsfirma. Und am 10 Oktober 1941, hat jemand dem Steuersekretär mitgeteilt dass er ,,den Juden Hugo Israel Grünbaum in der Fleischer von Ernst Kahl angetroffen habe und dass dieser den Judenstern nicht sichtbar trug.” Es liegt keine weitere Dokumente im Stadtarchiv Themar.

Am 10. Mai 1942 mussten die jüngere Grünbaums Themar verlassen: am 8. Mai 1942 schrieben Max II und Clara Müller an Meinhold:

Lieber Meinhold! Wie wir bereits schrieben verreisen wir morgen früh mit Familie Neuhaus. Eine Adresse können wir Dir nicht angeben, so bald es uns möglich ist, geben wir Dir unsere neue Adresse an. Inzwischen schreibe an Onkel Max. Da es sehr eilig geht, schreibe ich heute kurz. Viele Grüße Dein Papa. Innige Küsse Mama

Else Neuhaus, geb. Grünbaum, ihre Ehemann Artur Neuhaus und ihre fünf Jahre alte Tochter Inge—wurden ab Weimar nach Belzyce Ghetto in Distrikt Lublin deportiert. Elses Cousine aus Apolda—Grete, Norbert, und Max Rosenthal und dessen Frau Ilse, geb. Benjamin—waren in demselben Transport.

Am Beginn der jüdischen Neujahrstage (Rosh Ha-Schanah) erhielten Hugo und Klara die Nachricht vom Transport. “Gerüchte kursierten von einem Fahrtziel in Böhmen. Wie schon im Mai gab es detaillierte Anweisungen der Landräte und Bürgermeister zur Durchführung der Deportation an die örtlichen Polizei- und Gendarmerie-Beamten: Von Gleicherwiesen mussten zwei Juden, vermutlich zu Fuss, in Begleitung nach Hildburghausen gebracht werden, mit fünf weiteren aus der Kreisstadt führen sie im Zug nach Themar weiter, wo acht Themarer Juden und drei aus Marisfeld zustiegen. Zwei einheimische Polizisten eskortierten die insgesamt 18 Juden zur Gestapo nach Weimar; der Vorgang wurde als polizeiliche Routinearbeit in den Akten abgelegt.”

Am 19. September 1942 wurden Hugo und Klara ins Ghetto Theresienstadt deportiert; in demselben Transport waren Hugos Geschwister Minna Rosenthal (geb. Grünbaum) und Karl Grünbaum und dessen Frau Hulda (geb. Schlesinger). Hugo und Klara gehörten zu den letzten jüdischen Menschen, die aus Themar deportiert wurden.

Quelle: holocaust.cz

Von diesen 12 Menschen war Hulda Grünbaum die Einzige, die überlebt hatte. Von der Familie von Klara Grünbaum (geb Schloss) wurden ihr Bruder Ludwig Schloss und dessen Ehefrau Lina Schloss (geb. Neuberger) und eine Schwägerin, Klara Schloss, geb. Sämens, Witwe von Simon Schloss auch im Ghetto Theresienstadt ermordet. Arno Sommer, Miras Ehemann, hat beide Eltern verloren, und auch einen Bruder und eine Schwester.

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Am Endes des Krieges lebten Geschwister Hans und Mira Grünbaum. Miras Familie hatte den Krieg in Italien überlebt und zog im Mai 1948 weiter in die USA. Mira hat das Foto von ihr und Arno an ihrer Tante Hulda Grünbaum in Australien gesendet. Arno starb im Jahr 1991, Mira im Jahr. 2000. Das Sterbedatum von Hans wissen wir nicht.