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Max u. Clara Müller, Themar, an Willi Müller, Palästina, den 15 Juni 1939
Lieber Willi!
Vorgestern erhielten wir Deinen Brief Nr. 19. Ich glaube, ich schrieb Dir schon, daß wir wegen Deiner undeutlichen Schrift an manches Wort 1 Minute zur Entzifferung brauchen. Oder schrieb ich dies an Meinhold – jedenfalls ist es bei Euch beiden angebracht. Auch Dein Bild besahen wir mit Interesse. Wie Du aber darauf die Spitzhacke hältst, wirst Du nicht viel schaffen u. bald ermüden. Beide Hände gehören doch nicht an das stielende, sondern eine Hand in die Mitte des Stieles! Wenigstens bei Ausholen! Ich hätte sehr gerne einmal eine schönes Bild von Dir, auf welchem Dein Gesicht besser erkennbar ist. Vielleicht erfreust Du uns einmal damit. Du hast uns einmal ein schönes Bildchen geschickt, auf welchem Du aus einem Eimer Kartoffeln legst. Wir haben seinerzeit das Bild gleich an Meinhold gesandt. Bei uns werden natürlich alle Zementarbeiten, wie Mauern, Garten- u. Misteinfassungen ebenfalls zwischen Bretterwänden- sogenannten Verschalungen, im Brei eingegossen u. nach Hartwerden der Masse, die Verschalungen weggenommen. Bei dieser Arbeit gibt es Muskeln! – Ich betätige mich ebenfalls stark als Gartenbauer; unser war noch nie so sauber gehalten, wie in diesem Jahr, ich habe nebbich viel Zeit dazu. Habe 26 Beete zu betreuen. Unser Sauerkirsch-Baum am Garteneingang, wie unser Eierpflaumbaum, Stachel- u. Johannisbeersträucher hängen sehr voll. Tomaten bauen wir aber nicht. – Auch bei uns herrschte vor ca. 10 Tagen eine groß Hitze, so daß Herbert u. ich an unserer gewohnten Stelle im Bad waren. Dagegen haben wir seit Tagen ungewöhnlich kühles Wetter. Hast Du Dein Moskitonetz schon benutzt? Wie ist Eure Tagesarbeit eingeteilt, vor- u. nachmittag? Wann wird es früh bei Euch hell u. abends dunkel? Sehr erstaunt waren wir über Deine Mitteilung, daß bereits 3 Briefe von uns an Dich von der Devisenstelle geöffnet wurden. Mit Befriedigung hörten wir von Dir, daß die Umschläge aus N. angekommen sind. Schwuans hatten wir Onkel Herrmann und Tante Bella aus Eschwege zu Besuch Montag bis Sonntag (1 Pfingsttag). Als Neuigkeit teile ich Dir noch mit, daß der Arbeitsdienst von hier restlos weg gekommen ist. Dir Barracken wurden abgerissen und der Platz sieht ungewohnt kahl aus. Wie wir von den Eschwegern hörten, hat Werner jetzt eine Stellung im Buchdruckergewerbe gefunden. Also wenn es Dir möglich ist, schicke uns gelegentlich ein schönes deutliches Bild, möglichst nicht bei der schwersten, schmutzigsten Arbeit, vielleicht mit Götz, oder anderen Kameraden interessanter Gegend oder Hintergrund. Sonst wüßte ich nichts mehr von Belang, nur daß wir heute Puffer u. letzten Schabbes Rhabarbertorte hatten! Also tschüss. Viele Grüße von Deinem Papa
Mein liebes Willerle!
Es ist zwar Freitag, aber wir, d.h. Papa und ich, haben schon rein gemacht, nun sind wir fertig. Nun will ich Dir noch schreiben. Hast Du sehr unter der Hitze zu leiden? An Meinhold haben wir ein Paket geschickt, hoffentlich bekommt er es. Hier gibt es nicht viel Neues. Man kommt zu niemanden, auf der Strasse spricht dich keiner an, man ist allein. Der Fuchs Junge in der Tachbachmühle erkundigt sich ab u. zu nach Dir. Jetzt wo Rosengarten schon 14 Tage oder 3 Wochen auf dem Wege nach Schanghai sind schrieb die Ikoch [?] sie könnten nach Argentinien kommen u. siedeln u. wenn sie schon in ein anderes Land wären und sie die Fahrt von dort nach Arg. bezahlen könnten, sollten sie kommen. Aber wer gibt Rosengarten das Fahrgeld von Schanghai nach Argentinien? Vorläufig schwimmen sie ja noch u. wissen nichts von der ganzen Sache. Nun geht wohl zuerst die Elli Rosenberg fort nach Amerika. [Arthur] Plaut hat sein Visum für England. Dann wird wohl Maxel [Steindler] u. die Martha [Müller Steindler] soweit sein für Brasilien. Der Blitz[?]- Daniel ist zusammen] mit einem Lehrer Flaschenspüler in U.S.A. Unserer Großmutter gefällt es nicht sehr gut in Hannover. Sie muß das Zimmer mit Jemanden teilen, es gefällt ihr alles nicht. Sie bekommt keinen Bohnenkaffee zu trinken. Schnaps schicke ich ihr. Der Walter Rosenbaum soll jetzt nach Berlin in einen Lehrwerkstätte weil er so darum lungert ohne Gesellschaft. Gassenh[eimer] N. ist im Herbst dran, dann nehmen sie ihn mit nach U.S.A. oder auch nach Erez. Der [Louis] Sander ist schon fast 3 Wochen verreist, ich glaube er sucht sich eine neue Frau. Grüße den Meinhardt Götz von uns. Wie ruft man Dich eigentlich dort? Wir erwarten von den Nürnbergern Brief [von Sebald Müller]. Sie warten auch auf eine Ausreise wie jeder andere. Suse geht noch zur Schule. Norbert lernt Schweißen u. Onkel [Sebald] gibt noch Unterricht. Die Mutti [Clara] Jüngster lebt mit ihnen. – Wir sind viel allein u. sprechen von Euch. Nun noch recht herzl[iche] Grüße, Deine Mama
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