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Die Familie von Adolf und Meta (geb. Schwab) KATZ

1904-ZfT-Katz adWir wissen, dass Adolf und Meta Katz, geb. Schwab, mindestens vierzehn Jahre in Themar gelebt haben, weil alle ihre zwölf  Kinder dort geboren wurden. Wir wissen auch, dass Adolf Katz in Bibra geboren wurde, einem Dorf westlich von Themar, in dem es viele Familien mit dem Namen Katz gegeben hat. Seine Eltern waren Ludwig Katz und Hannchen Katz, geb. Stoll. Meta Schwab wurde in Rimpar geboren und sie hat Adolf im Jahr 1887 geheiratet. Ihr erstes Kind, Hedwig, wurde 1888 in Themar geboren aber sie hat nur 10 Tage gelebt. Danach, zwischen den Jahren 1889 und 1903, wurden noch elf (11) Kinder geboren, und vom Familienregister kennen wir die Namen von fast allen. Aber wir wissen die Geschichten von nur fünf: Martha, Elka, Bettina, Josef, und Irma.  Es ist anzunehmen, dass diese Kinder ihre Schulbildung in Themar anfingen und Martha und Elke sogar möglicherweise ihren Schulabschluss in Themar machten.

Leider lässt sich nicht sagen, wo genau in Themar die Familie Katz gewohnt hat. Wir wissen dass der Adolf Textilhändler war da es Anzeige in der Zeitung, Themarer Zeitung, gibt. Die einzigen Spuren im Stadtsarchiv sind die Namensänderunganträge, die Martha, Elka, Bettina und Josef Ende 1938 beim Standesamt in Themar eingereicht hatten. Jüdische Menschen wurden in jener Zeit gezwungen, ,Sarah‘ und ,Israel‘ als den zweiten Vornamen hinzuzufügen.

A=Winshoten, Holland. B=Frankfurt am Main. C=Themar. D=Meiningen. E=Dessau. F=Beelitz.

Die Familie verließ Themar irgendwann nach dem Geburt von Irma und sind nach Meiningen gezogen. Mit der Zeit, zogen einige der Kinder  in andere deutsche Städte. Martha, das älteste Kind, heiratete und zog nach Frankfurt am Main (B auf der Karte). Drei ihrer Geschwister — Elka, Bettina und Josef — zogen nach Dessau in Sachsen-Anhalt. Von den anderen kennen wir nur den Namen und die Tatsache, dass sie in Themar geboren wurden.

Franzstraße Eingang zur Backgasse, Franzstraße 47
Franzstraße Eingang zur Backgasse, Franzstraße 47. Quelle: Stadtarchiv Dessau. Courtesy: B. Ulbrich

Am meisten wissen wir über das Schicksal der Familienmitglieder, die nach Dessau (B auf der Karte) umzogen waren. Elka Katz heiratete Berthold Goudsmid aus Dessau in Sachsen-Anhalt. Sie hatten zusammen ein Textilunternehmen. 1930 erwarben sie ein Grundstück in der Franzstraße 47, rechts auf dem Foto. Ihre Tochter Ruth Goudsmid wurde 1922 mit einer geistigen Behinderung geboren und wurde in die Israelitische Erziehungsanstalt für geistig zurückgebliebene Kinder in Beelitz bei Berlin (F auf der Karte) geschickt. Da die Schule Kinder ab dem Alter von sechs Jahren aufnahm, wird sie wahrscheinlich Ende der 20ger Jahre oder Anfang der 30ger dorthin gegangen sein. Elkas Schwester Bettina und ihr Bruder Joseph zogen bei ihrer Schwester ein, die in der Franzstraße 47 wohnte, und halfen sowohl in dem Unternehmen als auch mit dem Haushalt. Im 1936, hat Irma einen jüdischen Mann Berthold Maurits Zuikerberg aus Holland geheiratet und zog mit ihm in seine Heimatstadt Winschoten (A auf der Karte). Sie war Zuckerbergs zweite Frau nach seiner Scheidung von Rebecca Swaep.

Danach folgten Morde und ein Selbstmord. Bettina Katz nahm sich im Frühling 1939 das Leben. Der offizielle Todestag ist der 11. Juni 1939. Es ist der Tag, an dem ihre Leiche aus dem Fluss Mulde gezogen wurde. Man kann eigentlich davon ausgehen, dass es eine Verzweiflungstat nach der Reichspogromnacht (Kristallnacht) war, und dass sie aus der Angst heraus handelte, weil sie geahnt hatte, was sie in der Zukunft erwartet hätte. Ihre Geschwister und deren Familien wurden ermordet. Martha Hahn (geb. Katz) wurde am 11. oder 12. November 1941 von Frankfurt am Main ins Ghetto Minsk deportiert. Sie gehörte zu den ersten Juden, die aus Deutschland ins besetzte Polen deportiert wurden. Elka Goudsmid (geb. Katz) wurde am 13. April 1942 ins Warschauer Ghetto deportiert. Ihre Tochter Ruth wurde mit der Gruppe anderer Kinder von Beelitz am 13. Juni 1942 nach Sobibor deportiert. Joseph Katz, dem es Anfang 1939 gelang nach Frankreich zu fliehen, wurde am 10. August 1942 von Drancy nach Auschwitz deportiert. Irma Zuikerberg (geb. Katz) und ihr Ehemann Berthold Maurits Zuikerberg wurden am 06. Juli 1943 von Westerbork nach Sobibor deportiert. Sie wurden am 09. Juli 1943 in Sobibor Vernichtungslager ermordet.

Am 27. Oktober 2011 wurden vor dem Gebäude in der früheren Franzstraße 47 (heute Franzstraße 111-115) Stolpersteine verlegt, um die vier Mitglieder der Familie Katz zu ehren, die hier gelebt hatten. Elka Goudsmit (geb. Katz) und ihre Tochter Ruth Goudsmid, Bettina Katz und Joseph Katz.

Am 27. Oktober 2011 wurden für die vier Mitglieder der Katz Familie, die in Dessau gelebt haben, Stolpersteine verlegt. Quelle: Dr. Bernd Ulbrich, Dessau

Anmerkung: In dieser Homepage ist das Wort ‘ermordet’ im Sinne vom Yad Vashem benutzt: “Juden wurden in der Schoa auf verschiedenste Weisen ermordet, unter anderem: Vergasen, Erschiessen, lebendig verbrannt werden, lebendig begraben werden, Tod durch Erschöpfung durch Zwangsarbeit, Epedemien, mangels jeder hygienischer Bedingung oder dem Fehlen medizinischer Versorgung.

  • Adolf KATZ, geb 16 Nov 1862 Bibra, gest. 15 Nov 1935 Meiningen
  • ∞ Meta SCHWAB, geb. 17 Nov 1859 Rimpar, gest. 18 Mai 1937 Meiningen
    • 1. Hedwig KATZ, geb. 15 Sep 1888 Themar, gest. 27 Sep 1888 Themar
    • 1. Martha KATZ, geb. 18 Jul 1889 Themar, ermordet Minsk Ghetto
    • ∞ HAHN (N1 unten)
    • 1. Elka KATZ, geb. 16 Jul 1890 Themar, dep. 13 Jun 1942 nach Warsaw Ghetto
    • ∞ Berthold GOUDSMID, geb. um 1878, gest. um 1933 Dessau
    •      2. Ruth GOUDSMID, geb. 28 Mai 1922 Dessau,
    •       ermordet [1942] Sobibor
    • 1. Hugo KATZ, geb. 20 Sep 1891 Themar
    • 1. Bettina KATZ, geb. 30 Nov 1892 Themar, gest. Mai/Juni 1939 Dessau (Freitod)
    • 1. Josef KATZ, geb. 27 Dez 1893 Themar, dep. 10 Aug 1942 ab Drancy nach Auschwitz
    • 1. Max KATZ, geb. 17 Feb 1895 Themar, gest. 20 Aug 1895 Themar
    • 1. Siegfried KATZ, geb. 22 Jan 1896 Themar, gest. 1896 Themar
    • 1. Erich KATZ, geb. 16 Jun 1898 Themar
    • 1. Walter KATZ, geb. 31 Mär 1900 Themar
    • 1. Irma KATZ, geb. 30 Mai 1903 Themar, 1936 nach Holland, ermordet 09 Jul 1943 Sobibor
    • ∞ Berthold Maurits ZUIKERBERG, geb. 26 Feb 1877 Winschoten/Holland, ermordet 09 Jul 1943 Sobibor

Wenn Sie etwas über die Familie von Adolf und Meta Katz wissen, oder Fragen haben, schreiben Sie uns bitte: [email protected] oder [email protected]Wir würden uns sehr über eine E-Mail von Ihnen freuen. 

Anmerkungen:
1. A list of the Jews of Frankfurt deported to Minsk on 11/12 November 1941 has entries (see below) for Martha Hahn, geb. Katz, living at the same address as Hugo Hahn, b. 15.5.1884, and a R Hahn, b. 30.10.1923. This suggests that these three comprised Martha’s family.

Martha Hahn 11.11.41 Minsk
Source: Statistik u. Deportation, p. 14

Screen Shot 2015-09-14 at 1.35.41 PMThe German National Archives Memorial Book has entries for three people with the same birth dates, etc., with the one difference that the young woman born in October 1923 is identified as Margot R. Hahn.

2. Siehe auch Yad Vashem in its „Trains to Extinction“ database, „Transport Train Da 53 from Frankfurt am Main, Wiesbaden, Hesse-Nassau, Germany to Minsk, Minsk City, Minsk, Belorussia (USSR) on 11/11/1941“

Quellen:
Wir bedanken uns bei Dr. Bernd G. Ulbrich von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg für seinen Beitrag zu unserem Wissen über die Familie Katz aus Dessau. Wir bedanken uns auch für die Recherche bei der ForschergruppeGedenkkultur in Dessau-Roßlau und bei Dr. Bernd Ulbrich für seine Beiträge.

Ancestry.com, online Datenbank
Das Bundesarchiv. Gedenkbuch: Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945  (online).
Digital Monument to the Jewish Community in the Netherlands.
Gottwaldt, Alfred u. Diane Schulle. Die ‘Judendeportationen’ aus dem Deutschen Reich: Eine kommentierte Chronologie, 1941-1945. Wiesbaden: Marix Verlag, 2005.
Grossert, Werner. Geschichte Der Dessauer Juden: Verfolgung, Vertreibung, Deportation, 1933-1945. 2004.
Jüdische Gemeinde Themar (Kr. Hildburghausen). Matrikel 1820-1938, Koblenz: Bundesarchiv 1958
Staatsarchiv Thüringen Meiningen. Geburtsregister jüdischer Gemeinde Themar 1876-1937. 
Stadtarchiv Dessau-Roßlau, courtesy Dr. Ulbrich
Stadtarchiv Themar
Stamboden von Nederlands Joodse families
Werkstatt Gedenkkultur in Dessau-Roßlau, STOLPERSTEINE für Dessau-Roßlau: Ein Beitrag zur lokalen Gedenkkultur, Broschüre. Dezember 2008
Winschoterarchief.nl 
Wolf, Siegfried. Juden in Thüringen 1933-1945: Biographische Daten. Band 1. 2000.
Yad VashemThe Central Database of Shoah Victims’ Names (online)