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Hildburghäuser Strasse vor dem Kriegerdenkmal 1870-71 in der Richtung Schuhmarkt (#84).
Man wird diese Ecke jetzt ziemlich oft sehen. Rechts, das viertes Haus gehörte einem Herrn Haaß, er hatte eine Schlosserei. Seine Frau war eine Tochter von der Familie Kahn und sie hatten zwei Töchter. Ich weiß nicht, was mit ihnen passiert ist, vielleicht haben sie als halb-Juden überlebt. Mein Geigenlehrer lebte hinten in diesem Haus. Die Nazis haben ihn befohlen er darf mich nicht mehr lehren. Dieses Bild wurde im 1983 aufgenommen, in den früheren Bildern gibt es nur kleine Unterschiede.
[Anmerkung: Im Jahre 1924 hat Hermann Wilhelm Haaß, ein Christ, b. 1896 in Themar, Erna Kahn, b. 1897 in Themar, Tochter von Josef und Hilda (geb. Walther) Kahn, geheiratet. Hermann u. Erna haben in der Schulstrasse gewohnt, nicht in der Hildburghäuser Strasse. Es war ein Bruder von Wilhelm der in der Hildburghäuser Strasse wohnte. Wilhelm und Erna hatten Zwillinge im Jahr 1928, aber es war ein Junge, Günter, und ein Mädchen, Johanna. Wilhelm und Erna Haaß starben beide vor dem Zweiten Weltkrieg, ihre Kinder Günter und Johanna haben den Krieg überlebt].
Foto #13 unten: Dieses Bild wurde 1976 aufgenommen, es zeigt die Georgstraße (#79) in Richtung der neuen Schule.
Beachten Sie den Namen „Schmidt Installation“ auf dem Haus auf der linken Seite (#30). Im Jahr 1983 ist die Schrift nicht mehr vorhanden. Das Haus auf der rechten Seite (#29) war mein Friseurladen,
Das Kriegerdenkmal (#82) ist für den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71.
Foto #14: Von der Schulstrasse ein Blick in der Georgstraße. Das Haus auf der linken Seite (#26) war unser Co-op, die Konsumverein, Themar GMBH. Auf der Rückseite war eine Bäckerei. Jeden Morgen ging mein Opa [Abraham Schwab] hin, um frische und leicht verbrannte Brötchen, Semmeln, für das Frühstück zu bekommen.
Fotos #15/16: Das gleiche Ecke im Jahren 1922 oder 1923, Pfingstzug/Pfingsten oder vielleicht Maifest. Beachten Sie wieder den Namen Schmidt (#30), es hat lange gedauert bis der weg war. Auf der rechten Seite in beiden Bilder sind die Nummern 1 und 2 über zwei Personen geschrieben. Die Nummer 1 ist Paul Rosengarten [mein Vater] und die Nummer 2 ist ein Freund meines Vaters namens Lothar Frankenberg. Er war der Schofar in der Synagoge. Er war der Onkel von Norbert und Marion Sander, mehr dazu später. Lothar war auch der Vater einer uneheliche Tochter, deren Mutter die Tochter des Försters war. Es war ganz ein Skandal. Ich ging mit ihr zur Schule, ihr Stiefvater war ein Top-Nazi, wir haben ihn “den krummbeinige Kranz“ oder „O-beinig Kranz“ genannt.
[Im Jahre 1939, verließ Lothar Frankenberg Deutschland, er lebte in Montreal, Kanada, und hat geheiratet. Er starb im Jahr 1975. Im selben Jahr, 1939, verließ Marion Sander auch Deutschland und ist nach den Vereinigten Staaten ausgewandert. Sie ist in November 2009 verstarben. Ihr Bruder, Norbert Sander, der Epileptiker war, konnte Deutschland nicht verlassen und wurde im Jahr 1941 in der Euthanasie-Programm ermordet.]
Foto 17: St. Bartholomäuskirche. Jemand lebte ganz oben im Kirchenturm. Es war der Glöckner und Uhr und trug auch das Kruzifix in den Leichenzügen. Es gab keinen Aufzug im Turm und man muss das Wasser die Treppe hochtragen. Weihnachten und Neujahr spielte die Blaskapelle Weihnachtslieder von oben, abwechselnd an den großen Öffnungen. Uberall in der Stadt konnte man das hören. Ein Freund meines Vaters spielte Posaune, er war auch für das städtische Wasserkraftwerk verantwortlich.
Fotos 18/19: Das Fachwerkhaus ist Pfarrerhaus. Er war ein guter Mann, und nach dem Boykott am 1.April 1933 hat er die Nazis denunziert. Er is aber gleich verschwunden und wurde nie wieder gesehen. Sein Nachfolger war sehr groß und dünn, und die Leute nannten ihn „Gottes Bleistift.“ Auch hat man gesagt, dass er aus der Dachrinne auf dem Dach trank, kniend. In der Kanzel trug er eine Armbinde mit Hakenkreuz.
Im Haus mit dem schrägen Balken (#97) lebte Fritz Öhrlein [siehe Foto #91], der mit mir zur Schule ging. Er war der größte Junge in meiner Klasse. Er haßte mich, weil er beim Laufen nicht gewinnen konnte, nur einmal hat er Glück gehabt — ich hatte mir den Fusz verstaucht und er forderte mich auf eine Wiederholung — er hat mit einem Centimeter gewonnen. Nachher habe ich tagelang gehinkt.
Foto #20: Ducal Gerichtsgebäude, denke ich, vom Herzog von Meiningen. Die kleinen farbigen Bilder wurden mir von Margarete Blau geb. Mittag, eine Schulfreundin geschickt. Ihr Ehemann ist der Stadtfotograf, und sie haben alte Ansichtskarten reproduziert.
Fotos #21/22: Dieses Gebäude ist heute ein Ambulatorium oder Pflegeheim oder so was Ähnliches. Wo das Zeichen jetzt steht war früher eine Wasserpumpe für die Tiere. Die Leute haben ihr Wasser auch aus der Pumpe geholt. Einmal, während eines Flutes, ist ein Langholz, das locker von einem Floß auf der Werra gebrochen hatte, Hildburghäuser Str. heruntergekommen und hat die eisenere Pumpe gestossen — es machte ein Lärm wie ein großer Gong. Auf der linken Seite, im letzten Haus vor der Brücke (#98) wo die Straße um das Gebäude herumgeht, stand ein kleines Schreibwaren- und Bastelngeschäft. Es sass oben auf der alten Stadtmauer, die entlang der Werra verläuft. Eine Brücke unterstützt die Straße, sonst wurde man in die Hölle fallen.
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