Familie und Ehe
Bella Wertheimer war die jüngste von drei Geschwistern. Als sie im Dezember 1890 in Themar geboren wurde, war ihr Bruder Julius bereits vier, ihre Schwester Rosa (später verehelichte Edelmuth) drei Jahre alt.
Die Familien Frankenberg und Wertheimer waren sehr eng miteinander verbunden – dies zeigte sich bereits in den Generationen zuvor in Thüringen und setzte sich in Coburg fort: Bellas Mutter Malwine Wertheimer war eine geborene Frankenberg. Die Vorfahren beider Familien hatten ihre Wurzeln in Orten rund um Themar und siedelten sich um die Jahrhundertwende in vergleichsweise großer Zahl in Coburg an.
Als Bella bei der Verehelichung mit Milton Wertheimer, einem Cousin 2. Grades, ihre Heiratsurkunde unterschreibt ist zu lesen: Bella Wertheimer, geb. Wertheimer. Dieses Dokument hat alle Kriegswirren und Fluchten überlebt und befindet sich heute in Israel.
Es ist nicht bekannt, wie sich die Ehe von Bella und Milton Wertheimer entwickelt hat. Spätestens ab dem Jahr 1933 lebten sie getrennt und während Milton die Stadt verließ, blieb Bella Wertheimer in Coburg und wohnte abwechselnd bei Familienangehörigen: bei ihrem Schwager Nathan Wertheimer in der Löwenstraße 23, dann bei ihrem Bruder Julius Wertheimer im Steinweg 53, zwischenzeitlich in Marisfeld.
Anstellung im Internat Hirsch
Bis zur Trennung von Milton war Bella Wertheimer nicht berufstätig. Ab 1934 verzeichnet ihre Meldekarte der Stadt Coburg aber als Arbeitgeber den Namen „Hirsch“ und ihre Adresse wird Hohe Straße 30 in Coburg.
Ein Schreiben der „Kammer des Innern der Regierung von Ober- und Mittelfranken“ aus dem Jahr 1935 existiert noch. Es ist gerichtet an den Herrn Oberbürgermeister der Stadt Coburg, Betreff: „Private jüdische Volksschule mit Schülerheim des Predigers Hermann Hirsch in Coburg“.
Es handelt sich um den offiziellen Beschluss der Regierung, dem Prediger Hirsch die Genehmigung zur Gründung einer privaten jüdischen Volksschule zu gestatten – unter einer Vielzahl von Auflagen. Eine davon war die Beschäftigung „in Küche und Haus“ der namentlich genannten Bella Wertheimer.
Nach der Schließung der Schule von Prediger Hirsch im Zuge der Pogromnacht im November 1938 lebte sie weiterhin unter dieser Adresse. Im Dezember schrieb Bella Wertheimer einen Brief an das Standesamt Themar:
„Ich ersuche höflich, zu meinem Geburtsschein den gesetzlich vorgeschriebenen Vornamen Sara hinzuzufügen. Ich möchte Sie bitten, mir mein Schreiben zu bestätigen und die entstehenden Kosten unter Nachnahme bei mir einzuziehen.“
Verzweifelte und hoffnungslose Lage
Dies ist der letzte Hinweis auf ihren Wohnort in Coburg. Der Zensus von 1939 weist aus, dass sie sich im Mai in Halle/Saale aufgehalten hat, dann wieder in Marisfeld und in Meiningen.
Milton lebte in dieser Zeit in Amsterdam, auch ihre Schwester Rosa Edelmuth hielt sich mit ihrer Familie in Holland auf, nachdem sie nach der Pogromnacht aus Dessau geflohen fliehen mussten.
Bella Wertheimers Lage war verzweifelt und zunehmend hoffnungslos. Ihr Bruder Julius Wertheimer war mit seiner Familie bereits 1936 in die USA emigriert, ihr Schwager Nathan Wertheimer zwei Jahre später nach Argentinien. Sie selbst aber steckte in Deutschland fest.
Im Mai 1942 lebte sie in einem sogenannten „Judenhaus“ in Meiningen. Dies ist die letzte Adresse „in Freiheit“, die es von ihr gibt.
Zusammen mit anderen Meininger Juden – einige ebenfalls aus Themar – wurde sie am 10. Mai 1942 von Weimar aus über Leipzig ins Ghetto Belzyce deportiert. Dort verliert sich ihre Spur. Es ist nicht bekannt, wann sie gestorben ist oder umgebracht wurde.
Text gelesen von Gaby Schuller: