27. Januar 2015 – 70 Jahre seit der Befreiung von Auschwitz!

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Credit: United States Holocaust Memorial Museum, courtesy of Belarusian State Archive of Documentary Film and Photography

Am Samstag, dem 27. Januar 1945, hatte die Sowjetarmee Auschwitz befreit. Von den 7 000 Überlebenden gab es auch einen Mann, der einen Bezug zu Themar hatte. Seine Geschichte, obschon uns nicht allzu viel davon bekannt ist, gibt uns einen Einblick in das Leben von einem Menschen, der Auschwitz überlebt hatte.

Otto Baer wurde am 12. Juli 1895 geboren. Seine Eltern waren Samuel Baer, geboren am 28 January1865 in Marisfeld, Sohn von Aron und Sara, geb. Stein, Bär (Sehen Sie die Nachkommenlist von Samuel Bär 1793-1854), und Karoline/Lina, geb. Müller am 28 January 1876 in Würzburg. Wie, wann und warum Samuel und Karoline/Lina nach Themar gekommen waren, ist uns im Moment noch nicht ganz klar. Wir wissen auch nichts über die Kindheit und die Jugend von Otto. Wie lange lebte die Familie in Themar? Wo hatten sie gewohnt? — Das sind Fragen, die wir bisher nicht beantworten können.

prenzlau16Dank der Einträge in dem Berliner Adressbuch, haben wir einen Hinweise darauf, dass die Familie Baer möglicherweise im Jahr 1910 nach Berlin gezogen war und sich im Jahr 1915 in der Jablonskistr. 26 im Prenzlauer Berg niedergelassen hatte. Sollten diese Vermutungen den Tatsachen entsprechen, dann starb Samuel Baer im Jahr 1917. Karoline und Otto blieben weiterhin in der Jablonskistr. 26 wohnen.

Der erste richtige Hinweis darauf, dass Otto und seine Mutter in der Jablonskistr. 26. wohnten, findet sich erst in dem ,,Jüdisches Adressbuch für Gross-Berlin“ aus dem Jahr 1931.
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Frau L. Baer, sesshaft in der Jablonskistr. 26, taucht auch weiterhin in jeder Ausgabe des Berliner Adressbuches bis zum Jahr 1935 auf. Vom Jahr 1936 bis 1939 aber steht nur noch Ottos Name da. Dies könnte möglicherweise darauf hindeuten, dass Karoline/Lina Baer im Jahr 1935 verstorben war.

Im Jahr 1928 ist O. Baer im Berliner Adressenbuch als Handelsvertreter aufgeführt. Im Jahr 1936 steht als Beruf  Otto Baer-1936-Berlin ABHandlungsgefhilfe .

 

Otto Baer-1939-Standesamt Themar.
Quelle: Stadtarchiv Themar

Wir wissen nicht, ob Otto in irgendeiner Weise mit der Stadt Themar verbunden gewesen war. Das einzige Dokument, das einen Bezug zu Themar hat, das wir gefunden haben, ist Ottos Schreiben vom 27. Januar 1939 an das Stadesamt Themar, in dem Otto bestätigt, dass er den zusätzlichen Namen „Israel“ annimmt. Dieser Brief bezog sich auf die sogenannte „Namensänderungsverordnung“ von August 1938, die verlangte, dass alle jüdischen Männer den zusätzlichen Namen „Israel“ und alle jüdischen Frauen den zusätzlichen Namen „Sara“ zu ihren Vornamen hinzufügen.

Otto war 46 Jahre alt, als die Deportationen am 18. Oktober 1941 aus Berlin begannen und wurde möglicherweise wegen seines Alters nicht zu einer Deportation verurteilt da er weiter in Berlin arbeiten konnte. Ein Jahr später, Anfang Dezember 1942, wurde Otto jedoch von der Jablonskistr. 26 abgeholt und am 9. Dezember 1942 in einem Viehwagon mit weiteren 993 Juden nach Auschwitz deportiert. Aus der Transportliste für die Osttransporte (siehe unten) können wir entnehmen, dass Otto Baer zum Zeitpunkt der Deportation ledig war. Er wurde außerdem als „arbeitsfähig“ eingestuft.

Otto Baer-Transport List 9.12.1942-1

Otto Baer-Transport List 9.12.1942-2
Quelle: Statistik u. Deportation

Nachdem Otto Baer am 10. Dezember 1942 in Auschwitz angekommen war, kam er in ein von der SS organisiertes Auswahlverfahren. 137 Männer und Frauen (einschließlich Otto Baer) wurden dazu gewählt, in Auschwitz zu arbeiten. Sie erhielten die Nummern 26621-26645. Otto Baer harrte über zwei Jahre lang unter den vollkommen unmenschlichen Bedingungen in dem Vernichtungslager Auschwitz aus. Am 27. Januar 1945, als Auschwitz befreit wurde, waren von dem Transport vom 9. Dezember 1942 nur zwei Menschen am Leben. Einer von ihnen war Otto Baer, der zu dem Zeitpunkt fast fünfzig Jahre alt gewesen war.

Kurz nach der Befreiung von Auschwitz fand die US Army Otto in Zeitz, einer Stadt in der Nähe von Leipzig. Später kehrte Otto zurück nach Berlin, bzw. Ost-Berlin. In dem Aufbau, einer deutsch-jüdischen Zeitung mit dem Sitz in New York, die die Namen der Opfer und der Überlebenden der Shoah sammelte und veröffentlichte, taucht in der Ausgabe vom 9.11.1945 der Name und die Adresse von Otto Baer auf. Darin steht, dass Otto in der Hussitenstrasse 43 – etwa 40 Minuten Fußweg von seinem alten Zuhause – wohnte. Wie aus dem Mitgliederverzeichnis der jüdischen Gemeinde in Berlin hervorgeht, war Ottos Adresse zwei Jahre später noch immer dieselbe. Danach verläuft sich die Spur. Da Otto in dem sowjetischen Sektor von Berlin gelebt hatte, bleibt es schwer, das entsprechende Archivmaterial zu finden.

Otto Baer-Aufbau-1945

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Quelle: Aufbau, 9.November 1945, vol. 11, p. 28

Zwischen August 1942 und Oktober 1944 wurden 48 Mitglieder der jüdischen Familien von Themar nach Auschwitz deportiert. Otto Baer, der im Jahr 1895 in Themar geboren wurde, war dabei der einzige Überlebende. Wie er die 2 ½ Jahre in Auschwitz überlebt hatte, bleibt eine große Frage. Sollten Sie etwas über das Leben von Otto Baer wissen, schreiben Sie uns bitte.

An dem 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz gedenken wir Otto Baer!

Auch:
Memorial and Museum Auschwitz-Birkenau, 70 Years Auschwitz
USHMM, Seventieth Anniversary of the Liberation of Auschwitz

Quellen
‚Neue Liste von Juden in Berlin,‘ AUFBAU 9 Nov 1945, vol. 11, Issue 45, p.28
Themar City Archives
Yad Vashem, The International Institute for Holocaust Research, „Transport 24 from Berlin, Berlin, Berlin, Germany to Auschwitz Birkenau, Extermination Camp, Poland on 09/12/1942
Wolf, Siegfried. Juden in Thüringen 1933-1945: Biographische Daten.
Zentral- und
Landesbibliothek Berlin, Berliner Adressbücher Der Jahre 1799 Bis