Die Familie von Nathan und Elsa Wertheimer

Von Gaby Schuller

Themar – Coburg – Rivera / La Pampa, Argentinien

Elsa Frankenberg und Nathan Wertheimer

Elsa Frankenberg wurde im Oktober 1897 in Coburg geboren und wurde von ihrer Familie Else genannt. Sie war das zweite Kind von Max Frankenberg und seiner Frau Meta, geb. Rosenthal. Ihr älterer Bruder Arthur Frankenberg opferte als jüdischer Soldat auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs sein Leben für „das Vaterland“.

Beide Eltern von Else Frankenberg stammten ursprünglich aus der Region um Themar (Gleicherwiesen und Marisfeld), ebenso wie die Familie von Nathan Wertheimer. Außerdem verband sie die berufliche Nähe zum Vieh- und Pferdehandel. Auch Nathans Bruder Milton lebte in Coburg. Ihm und seiner Frau Bella Wertheimer sind eigene „Lebensbilder“ gewidmet.

Else Frankenberg und Nathan Wertheimer heirateten im Oktober 1922 in Themar und zogen kurz darauf nach Coburg in die Löwenstraße 23, wo auch die Eltern von Else wohnten. Ihre Tochter Edith wurde 1926 geboren und so lebten drei Generationen unter einem Dach – nichts Ungewöhnliches für die damalige Zeit.

Nathan und Elsa Wertheimer

 

Edith Wertheimer

Edith Wertheimer

Edith besuchte die gegenüberliegende Rückert-Schule. Sie fühlte keinen Unterschied zwischen sich und ihren zahlreichen Freunden, bis diese sich von ihr abwandten und nicht mehr mit ihr spielen durften, weil sie „jüdisch“ war. Auch Ediths Besuch an der Rückert-Schule endete, als jüdische Schüler dort nicht mehr unterrichtet werden durften. Von da an besuchte sie die „Jüdische Volksschule“ von Hermann Hirsch in der Hohen Straße, die ursprünglich als jüdisches Internat konzipiert war, inzwischen aber den Erfordernissen der Zeit angepasst wurde. (Foto)

Kulturell wurde Edith stark von ihrem Elternhaus geprägt; sie war mit klassischer Musik vertraut, insbesondere mit Mozart, Bach und Wagner.

Leben nach dem Machtwechsel

Else Wertheimers Mutter Meta Frankenberg litt seit langem an depressiven Verstimmungen, die sich zunehmend verstärkten und ab 1931 einen Aufenthalt in der Heilanstalt Kutzenberg notwendig machten.

Schon vor dem Machtwechsel hatte sich die Situation für jüdische Familien in Coburg deutlich verschlechtert. Nathans Cousin Julius Wertheimer verkaufte sein Geschäft in Steinweg und wanderte 1936 mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in die USA aus.

Nathan Wertheimer zögerte mit einer möglichen Auswanderung, vielleicht auch wegen der engen Bindung seiner Frau Else zu ihrer Mutter, die noch in Kutzenberg lebte.

Wohnung in der Raststraße 6

Nathan Wertheimer

In der Zwischenzeit war die Familie in die Raststraße 6 umgezogen. Noch vor der Pogromnacht 1938 drangen „Männer in schwarzen Uniformen“, wie die damals zwölfjährige Edith beschrieb, in das Haus ein. Sie waren auf der Suche nach ihrem Vater, der offenbar gewarnt worden war und sich bei Freunden versteckt hielt. Nach diesem Vorfall drängte Nathan Wertheimer auf die schnellstmögliche Ausreise aus Deutschland. Das gewünschte Ziel USA war jedoch unerreichbar, so dass sie Argentinien als einzige verbleibende Alternative wählten.

Flucht nach Argentinien

1938 reisten Nathan, Else und Edith Wertheimer mit der „General San Martin“ von Hamburg nach Buenos Aires. In Argentinien hatte man begonnen, den jüdischen Emigranten eigene Siedlungen zuzuweisen. In Rivera in der Provinz La Pampa lebten bereits einige aus Deutschland geflüchtete Familien in einfachsten Verhältnissen und ohne geeignete Infrastruktur. Bei der Familie Wertheimer waren es insgesamt zwölf – Edith war das jüngste der Kinder.

Obwohl das Leben hart und entbehrungsreich war, bezeichnete Edith es später als großes Glück, dass die Familie in Sicherheit war und durch die Unterstützung der Argentinier eine neue Heimat finden konnte. In Rivera lernte sie Arthur Levy kennen, der ebenfalls aus Deutschland geflohen war. Sie heirateten und bekamen vier Kinder.

Ediths Eltern Nathan und Else Wertheimer kehrten nie nach Deutschland zurück und starben in Argentinien. Edith Levy geb. Wertheimer wurde 90 Jahre alt und starb 2016 in Buenos Aires.

Rückblickend auf ihre Erfahrungen in Deutschland sagte sie:

Wir haben gelernt, zu verzeihen und weiterzugehen.
Aber es gibt Wunden, die nie heilen.

Die Kinder von Edith und Arthur Levy leben heute in Argentinien und Israel.