Im Spätsommer des Jahres 1941 — vor 70 Jahren — waren es rund 145 Verwandte von Mitgliedern der Themarer jüdischen Gemeinschaft (Eltern, Ehepartner und Kinder), die noch in Deutschland oder irgendwo im besetzten Europa (Holland und Frankreich) lebten. Danach, ab September 1941 ließen die Nazis ihrem Hass gegen die deutschen Juden freien Lauf.
Die Wellen kamen schnell und gewaltsam: am verhängnisvollsten war Hitlers Entscheidung von Mitte September, die obersten Gauleiter wie Joseph Goebbels in Berlin und Karl Kaufmann in Hamburg zu beauftragen, mit aller Kraft den neuen Plan zur Ausrottung der deutschen Juden voran zu treiben. Anstatt freiwillig, wenn auch gezwungenermaßen in ein Land zu emigrieren, das den deutschen Juden Zuflucht gewährte, wurden sie nun nach „Osten“ verschickt in unbewohnbare und verwahrloste Häusern, wo sie Krankheiten, Hunger und Kälte ohne Hilfe ausgesetzt waren. Diese massive Umsiedlung soll noch vor dem Ende des Krieges beginnen, nicht wie früher vorgesehen erst danach. Die ersten Transporte wurden für Mitte Oktober geplant, nachdem die freiwilligen Emigrationen verboten worden sind.
Das was der jüdischen Gemeinschaft in den dreieinhalb Jahren nach dem September 1941 widerfuhr, ist eine Geschichte von ununterbrochenem Schmerz, weil eine einst stolze Gemeinschaft durch die Politik von Hass, reine Gleichgültigkeit und/oder Angst der meisten Nichtjuden der Stadt vernichtet wurde.
Die Fotografie oben gibt uns einen tiefen Einblick in diese Geschichte: kurz nachdem dieses Hochzeitsfoto im August 1938 aufgenommen wurde, emigrierte Willy Müller, der Bruder des Bräutigams, nach Palästina in ein neues Leben. Herbert Müller und seine Braut Flora Wolf und deren Mutter Frieda Wolf, geb. Mayer (neben dem Bräutigam), haben noch Europa von Lissabon nach USA im Juli 1941 verlassen. Aber die Eltern des Bräutigams, Max Müller II und seine Frau Clara geb. Nussbaum erhielten nicht rechtzeitig ihre Visa trotz aller Bemühungen ihrer Familien. Sie wurden mit dem ersten Thüringer Transport am 10. Mai 1942 nach „Osten“ verschleppt.
Über die folgenden Monate, wollen wir nun nach 70 Jahren mitteilen, was wir über das Schicksal der Themarer jüdischen Gemeinschaft wissen. Siehe 1941:
„Innige Küsse“ — die Briefe von Clara und Max Müller an ihre Söhne
Die Deportationen von Themar: Mai 1942 nach Belzyce Ghetto bei Lublin