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1865-1932/Sie waren Themarer

Warenhaus S.M Müller. Es gehörte den Familien von den Brüdern Max und Leopold Müller. Credit: Stadtverwaltung Themar.

Bis 1932 kann man sagen dass die Themarerjuden genauso Themarer waren als die Themarerchristen. „Sie waren Themarer,“ wie die 2008 Ausstellung im Themareramtshaus zeigte (auf dem Foto oben klicken). Eine Volkszählung im Jahre 1871 ergab, dass Themar eine Bevölkerung von 1,667 hatte: 1,574 Christen (94%) und 93 Juden (6%) in Themar lebten. Im Jahr 1885 ist es möglich, dass 6.7% der Bevölkerung jüdische Bürger waren. Danach und bis 1932 war mindestens 3% der Stadtbürger jüdisch. Das heisst, als die Bevölkerung von Themar (und von den Christen) von 1782 in 1885 bis 2935 im Jahr 1933 stieg, blieb die Zahl von Juden um 90 bis 100 Juden.

Insgesamt können wir Spuren von mehr als 370 Juden finden, die etwas Zeit in Themar zwischen 1860 und 1943 verbracht haben. Sie sind hier geboren und/oder gestorben, oder vielleicht haben sie in Themar einige Jahre gewohnt und dann sind anderswo gezogen. Allerdings hat Themar eine Rolle in ihrem Leben gespielt!

Schon in den 70er Jahren des 19ten Jahrhunderts gab es sechs jüdische Geschäfte, unter denen S.M. Müller, S.J. Baer, die Brüder Frankenberg, A. Walther, und Ernst Gassenheimer. Der hiesige Textil — und Viehhandel (Rinder, Ziegen, Pferde) — lag ausschliesslich in ihren Händen, auch pflegten sich nachdrücklich des Reisegeschäft.

Fritz Katz, 1894-1915. WWI Kriegerdenkmal. Foto: Lengemann, 2009

Manche Juden waren Mitglieder in hiesigen bürgerlichen Vereinen. In der örtlichen Gemeinderatswahl 1913 wurde ein vom hiesigen “Nationalen Bürgerverein” als Kandidat vorgeschlagener jüdischer Kaufmann, der Vorstand der Kultusgemeinde, als Mitglied des Gemeinderats gewählt.

1914 lebten 550,000 Juden in Deutschland, knapp 100,000 von ihnen — das heisst 20% und jeder zweiter wehrfähige Mann) standen an der Front; 12,000 waren am Endes des Krieges tot. Insgesamt waren elf Themarerjuden waren Kriegsteilnehmer — Herbert Gassenheimer; Leonhard, und Friedrich Daniel, und Julius Kahn; Moritz Levinstein, Max Müller II, Paul Rosengarten, Markus Rosenberg, Louis Sander, Max Steindler, und Hermann Stern. Davon fielen zwei, einer wurde beinamputiert (Hermann Stern), und drei wurden Träger des Ehrenkreuzes für Frontkämpfer (Moritz Levinstein, Max Müller II und Markus Rosenberg). Insgesamt haben 35 jüdischen Männern die auf die jüdischen Familien von Themar verbunden waren und die im Ersten Weltkrieg für Deutschland gekämpft. Siehen Sie: Welche Folgen hatte der Erste Weltkrieg für die jüdischen Familien in Themar?

Paul Rosengarten an der Ostfront 1917. Er kam nach dem Krieg zu Themar und hat die Berta Schwab, Tochter von Regina u. Abraham Schwab, geheiratet. Credit: Sammlung Rosengarten, VHEC Archiv, Vancouver.

In den Nachkriegsjahren traten die hiesigen Juden auch im politischen Geschehen in Erscheinung, so in Versammlungen politischer Parteien und bei Wahlen. Das Auftreteb der NSDAP in Themar nach 1925 beeinflusste auch die hiesige Judengemeinde, ohne dass es jedoch zu ernsten Auseinandersetzungen kam und die Juden sich zurückhielten.

Da kam das Jahr 1933.

Die Jahre der Verfolgung 1933-1938

Quellen:
R. Armin Human, Geschichte der Juden im Herzogtum Sachsen-Meiningen-Hildburghausen, Hildburghausen Kesselring (1898)
Karl-Heinz Roß & Hans Nothnagel, „Die jüdische Gemeinde Themar — ein fragmentarischer Rückblick,” in H. Nothnagel, Hg., Juden in Südthüringen geschützt und gejagt (Verlag Buchhaus Suhl, 1995), Bd. 2.
Hans Jurgen Salier, Themar: Geschichte in Daten (2008)
Israel Schwierz unter Mitarbeit von Johannes Mötsch, Zeugnisse jüdischer Vergangenheit in Thüringen: Eine Dokumentation, (Erfurt 2007), p. 14.